"Xbox. Ausschalten. Ja"

Am 18. September 2007 erblickte meine erste Xbox 360 das Licht des Fernsehers. Es war ein recht kleiner, guter und moderner Röhrenfernseher. Für analoges Kabelfernsehen, GameCube und PSone die logische Entscheidung. Auch die später hinzugekommene Wii war definitiv kein Anlass zum Wechsel. Die Xbox sollte das und noch vieles mehr ändern.

Ich erinnere mich gerne an den originalen Bootscreen zurück. Dieser knallende Einstieg, die weiche Animation und der langsame Aufbau hin zum charakteristischen Soundlogo, das den Abschluss der Sequenz markiert und viele Jahre die TV-Spots für die Konsole prägte. Er sagte mir bereits in SD, dass hier die Zukunft stattfindet und ich eingeladen war, an ihr teilzunehmen. Diese Einladung nahm ich nach der schwachen Wii dankend an. So folgten ab 2008 ein HD-Fernseher, XBL-Gold-Karten und hunderte schöne Stunden mit Freunden. Online mit Halo 3, ODST, GTA IV und Red Dead Redemption, oder gemeinsam vor einer Konsole mit PES, Rock Band und allerlei Co-op-Shootern. Xbox breitete sich in meinem Umfeld aus und wurde noch 2008 zur Nummer 1. Jedoch zerbrach diese Herrschaft langsam an defekten Geräten und den sturen Menschen hinter der Xbox.

Ich nahm an vermutlich allen Beta-Tests teil, die im Laufe der Jahre stattfanden. Manche Leute sammeln Briefmarken, ich sammle Beta-Test-Teilnahmen. Unfertige Software und Neuerungen faszinierten mich schon immer. Fast egal, um was es geht. Und ich wollte dabei helfen, das System zu formen und zu verbessern, das uns mittlerweile so viel bedeutete. Der unbestrittene Höhepunkt war die Gelegenheit, Kinect vorab zu testen. Doch die Tests waren zu diesem Zeitpunkt schon längst zur lächerlichen Routine verkommen. Ich meldete französische Strings auf dem deutschen Dashboard und versuchte hartnäckig mit großer Zustimmung der Community, Microsoft davon zu überzeugen, dass eine alternierende Anzeige für Nachrichten, Freunde und Gamerscore eine unnötige Maßnahme zum Platzgewinn sei. Aber sie behielten den periodisch wechselnden Einzeiler und die riesige Lücke unter ihm bei.

Es kamen weitere systemweite Änderungen, die fast alle für Kinect eingeführt wurden und viele Spieler aufbrachten. So verlor das Dashboard essenzielle Funktionen im Bereich der Spielverwaltung, wie etwa einige der wichtigsten Filter in der Spieleliste. Die klassische, scrollende Liste der Spiele und Medien wurde ebenfalls entfernt und durch fünf gigantische Cover pro statischer Seite ersetzt. Immer mehr Texte wurden aus dem Internet geladen und in der Sprache des Accounts angezeigt, anstatt der Systemsprache, was seit Ende 2012 auch mit Achievements beim Profildownload geschieht. Welcher Besitzer einer stattlichen Spielauswahl und großer Festplatte konnte so noch schnell überblicken, welche Disc-Spiele er installiert hatte? Und welcher Achievement-Hunter konnte sich so noch sicher sein, dass er sich nicht stundenlang vergeblich an einem Erfolg die Zähne ausbiss, weil die Übersetzung falsch war? Vielspieler wurden plötzlich bestraft. Mit jedem zur Verfügung stehenden Mittel wurde versucht, Nintendos Zielgruppe, Sportfans und Trash-TV-Liebhaber abzugreifen. Die angebotenen Dienste sind außerhalb der USA größtenteils gar nicht erst verfügbar, das Dashboard ist eine einzige Werbetafel, XBL ist so langsam, dass Smart Glass sich über die Verbindung beschwert und überall sind schlecht formatierte deutsche und englische Sprachfetzen gemischt.

Es gab zu Ehren Kinects sogar einen neuen Bootscreen. Alles an ihm war irgendwie beiläufig und gezwungen dezent. Er sagte mir, dass die Zukunft nicht mehr hier stattfindet und Leute wie ich nicht mehr willkommen sind. Ich habe nichts gegen Kinect, auch keine nennenswerte Probleme bei der Nutzung. Ich finde es im Gegenteil sogar äußerst interessant und würde gerne mehr damit tun können. Allerdings nichts, was Microsoft momentan dafür vorsieht. Ich meine vor allem Head Tracking und feinere Gestensteuerung am PC. Ich nehme dreist an, dass jeder Kinect wenigstens ein bisschen spannend findet, jedoch zurecht enttäuscht ist von den vorhandenen Spielen, den enormen fast 3m Idealabstand zur Kamera und der zu groben Auflösung, die Finger nicht unterscheiden kann.

Ich hatte einige großartige Jahre mit dieser Konsole. Sie hat uns außerdem ordentlichen Controller-Support am PC gebracht und einheitliche Online-Kennungen etabliert. Dies ist kein Abschied von der Xbox 360, ich werde sie bloß seltener nutzen. Die guten Spiele von damals bleiben genauso erhalten, wie die guten Freunde, mit denen ich sie gespielt habe. Burger essend durch das Finale von Halo 3 gefahren werden, zu dritt panisch von Happiness Island zum Festland schwimmen, wo das andere Team schon in Sportwagen lauert, oder spät in der Nacht lässig durch Liberty City cruisen und sich ausgelassen unterhalten, während The Journey im Autoradio läuft. Mit all diesen Freunden und Erinnerungen werde ich weiterziehen. Zum PC, der mir als Spielplattform seit meiner frühesten Kindheit ununterbrochen treu dient, zur PS3, die heute Konsole Nummer 1 ist, oder eventuell eines Tages zur PS4.

Dies ist ein Abschied von der Marke Xbox. Ich gucke kein Fernsehen mehr.