Reingeschaut: Crash Time 4: The Syndicate

Als alter World Racing (WR) Fan gucke ich immer noch regelmäßig auf Synetics neuen Werke. Auch wenn sie in den letzten Jahren nur Lizenzspiele produzierten, freue ich mich, dass sie weiterhin frei befahrbare, nicht zu kleine Städte als Spielwelt nutzen. Auf der anderen Seite könnte man sagen, dass es auch keinen Fortschritt und eine Arcadisierung gab, denn World Racing 2 (WR2) ist schließlich von 2005. Jenes WR2 war auch der letzte Synetic Titel, den ich wirklich gespielt habe.

Im direkten Vergleich, der sich bei mir noch häufiger aufdrängen wird, wurde damals in den beiden WRs mehr geboten, das weiß ich leider schon jetzt. In World Racing (WR1) war ausschließlich eine Vielzahl an Mercedes Fahrzeugen vertreten und es gab sieben wunderschön gestaltete, riesige frei befahrbare Gegenden. WR2 bot eine traditionellere Mischung verschiedener Automarken und sechs Gegenden, die nicht nur wieder sehr schön und detailliert waren, sondern im Gegensatz zu WR1 endlich von zivilem KI Verkehr befahren wurden. Beide Titel enthielten außerdem den Hockenheimring. Diverse Modder portierten die Schauplätze von WR1 nach WR2, was WR2 zu einem Rennspiel mit enormer Größe machte. Auch eine erschlagende Anzahl zusätzlicher Fahrzeuge wurde in der Community geschaffen. Aber es soll hier ja um die mittlerweile fünfte Alarm für Cobra 11 Interpretation von Synetic gehen und nicht um ihre letzten unabhängigen Werke.

Mein erster Eindruck, als die erste Cutscene beginnt, war beinahe Entsetzen. Nach all den Jahren kam es mir WR2 grafisch sogar unterlegen vor, auch wenn ich das sehr lange nicht mehr gesehen habe. Verklärung, vielleicht. Andauernd sehe ich Objekte auftauchen, Schatten, die so ausgefranzt aussehen wie in GTA IV auf Konsole und es gibt keinerlei Schauspiel zu den gequält witzig spritzigen Dialogen. Menschen gibt es nur in Autos, keiner von denen redet, während er redet. Ein Relikt aus WR, wo niemand geredet hat. Cutscenes zeigen nur Gebäude und Autos, die also scheinbar miteinander reden. Bis auf die Darsteller, die stets optisch stumm im Auto sitzen und diese flachen, sich schnell wiederholenden Gespräche führen, fallen diese Dinge im eigentlichen Spielverlauf dennoch nicht mehr störend auf.

Was mich hingegen stört, ist die Wandlung zum Arcade Racer. Die Bremse ist ab der Hälfte schon viel zu stark, wie in Test Drive Unlimited 2, die Reifen blockieren dann und das Heck bricht gelegentlich aus. Gewöhnungssache, aber ich hätte dieses Verhalten lieber rein optional gesehen. Da will ich gar nicht wissen, was erst passiert, wenn ich Arcade Plus aktiviere. Auch das mag Verklärung von WR2 sein. ToDo: WR2 installieren!

Es fühlt sich äußerst schnell an, was interessant sein könnte, wenn die KI besser auf Sirene und Blaulicht achten würde. Teilweise fährt sie noch über Kreuzungen und rammt mich langsam weiterfahrend, obwohl ich schon ausgewichen bin und fast stehe, weil ich diesen Unfall vermeiden wollte. Sie machen für meinen Geschmack auch viel zu spät und zu wenig Platz. Man gewöhnt sich an das alles und fährt dementsprechend, aber ich vermisse das gute alte WR2 Fahr- und KI-Verhalten. Again, Verklärung possible. Es wurden noch weitere meiner alten Lieblingsdetails gestrichen: Der Blinker und eine Cockpit Kamera, die allerdings schon nicht von WR1 nach WR2 gerettet wurde. Ein letztes "früher war alles besser" muss noch sein, dann kommen die Dinge, die es trotzdem unterhaltsam machen. Auch in Sachen Umfang verliert Crash Time 4 gegen die WRs, wie vorher bereits angedeutet. Es gibt nur noch eine Stadt, die in zwei nicht zusammenhängende Bereiche unterteilt ist. Es gibt zum einen die City und zum anderen eine Autobahn mit einer großzügigen Art Baustelle und Off-Road Strecken. Die beiden Bereiche sind jeweils so groß wie eine WR Gegend, von denen es allerdings acht bzw. sieben in WR gab und nicht nur zwei. Die Fahrzeuge sind keine real existierenden mehr und der Fuhrpark beschränkt sich auf drei bis fünf Autos pro Typ.

Trotzdem macht es mir Spaß. Sobald man sich an die Steuerung gewöhnt und die einzelnen Missionstypen durchschaut hat, gibt es genug zu tun und, wie in jedem modernen Spiel, zu finden. Die Story wird an jeweils relevanten Orten fortgesetzt, wie man es z.B. aus GTA kennt. Fährt man bloß in der nett gemachten Stadt herum, begegnen einem Raser, oder man bekommt Anfragen zur Unterstützung. Diese Nebenmissionen werden absurd oft ausgelöst, aber sie zu ignorieren ist kein Problem, wenn man sie nicht annehmen möchte, was im Gegensatz zur Story komplett unterbrechungsfrei passiert. Mit Y akzeptiert man die Nebenmission, mit Y beendet man sie auch wieder oder wechselt zu einer frisch angekommenen. Mit fortschreitender Story schaltet man neue Spawnpunkte, Storystränge, Strecken für Renn-Modi und Fahrzeuge frei.

Technisch bin ich schon etwas enttäuscht und auch der Umfang, was Spielwelt und Fahrzeuge betrifft, ist nur der Schatten der WR Serie. Doch für ein jährliches Lizenzspiel ganz nett. Wer WR kennt, wird wohl schnell vermuten, dass Synetic immer noch auf die alte WR Engine setzt, was okay wäre, wenn sie über die Jahre drastischere Änderungen erfahren hätte, wie Valves Source Engine. Denn im Zweifelsfall schleppen sie Xbox, GameCube und PlayStation 2 Gerüste mit, da WR außerhalb des PCs eben für die sechste Konsolengeneration entwickelt wurde und damals verdammt beeindruckend aussah. Damals…