Xbox Series X|S Controller

Fast acht Jahre ist es her, dass ich meine Gedanken zum bevorstehenden Ruhestand der Xbox 360 niederschrieb. Nun befinden wir uns bereits in den ersten Monaten der übernächsten Generation und die Xbox One war für mich in all ihren Iterationen lediglich diese mysteriöse dritte Konsole, über die Artikel und Rezensionen berichteten. Microsofts legendäre Enthüllung kurz vor der E3 2013 hat einen enormen und lang anhaltenden Schaden verursacht, der nur wenige Wochen danach mit dem Abgang des damaligen Leiters der Xbox-Sparte eine beinah satirische Qualität erreichte. Niemand in meinem Umfeld scheint eine Xbox One zu besitzen. Interessanterweise geriet ich auch sonst nie in eine Situation, in der ich wenigstens mit eigenen Augen eine angeschaltet vor mir gesehen hätte. Ebenfalls an meiner Wahrnehmung vorbeigeschlichen hatte sich das gesamte Xbox Zubehör jener Ära. Nachdem ich seit Erscheinen der PlayStation 4 nahezu ausschließlich einen DualShock 4 am PC verwende – und ein DualSense als dessen langfristige Ablösung schon bereit liegt – wurde ich plötzlich neugierig was aus dem treuen Xbox 360 Controller von damals wurde. Wenige Tage später traf die Antwort in "Shock Blue" ein.

Der Controller der Xbox Series X|S erschien zusammen mit den beiden neuen Konsolen im vergangenen November. Um auch tatsächlich diesen nach der Bestellung zu erhalten, muss er zuerst erfolgreich von den Vorgängermodellen der Xbox One unterschieden werden. Wer wie ich den gesamten Zyklus der dritten Xbox ausgelassen hat, findet Verpackung, Titel und Beschreibung vermutlich nicht sonderlich aufschlussreich. Die Namensgebung seit dem Ende der Xbox 360 ist bekanntlich purer Irrsinn, dessen primärer Zweck darin zu bestehen scheint, Gespräche über die erste Xbox aus dem Jahre 2001 und auch der Xbox One X in sprachliche Landminen zu verwandeln.
Sobald der dadurch aufgestaute Frust verflogen ist und die Hände nicht mehr die Augen verdecken, ist der aktuelle Controller am besten daran zu erkennen, dass er einen Anschluss vom Typ USB-C und – wie bei der Konkurrenz bereits üblich – einen Share-Button besitzt. Anders als Sony und Nintendo verzichtet Microsoft ansonsten auf nennenswerte Änderungen und belässt es oberflächlich beim selben Layout, das sie Ende 2005 etablierten.

Der dennoch deutliche Unterschied zum mittlerweile 15 Jahre alten Vorfahren wird erst beim Betrachten der einzelnen Bestandteile ersichtlich. Angefangen mit dem wohl berüchtigsten Schwachpunkt des Xbox 360 Controllers, dem Steuerkreuz. Das neue Design basiert wieder auf einer komplett offen liegenden Scheibe, weshalb ich reflexartig keine ernste Verbesserung erwartet habe. Die Geometrie dieser Wippe, in der vier miteinander verbundene Quadrate ein fünftes wie ein Tal umschließen, wirkte zunächst gleichermaßen bizarr wie zeitgemäß. Mit einigen Wochen Abstand zum ersten Eindruck nenne ich es nun das vielleicht interessanteste optische Highlight. Das wahre Highlight daran ist jedoch die überraschende Genauigkeit. Klicks in die vier Himmelsrichtungen sind spürbar definiert und erinnern eher an die Bumper mit ihrem minimalen Hub und knackigen Anschlag. Für meinen Geschmack deshalb auch leider etwas zu laut, aber eine gelungene, endlich funktionierende Neuinterpretation einer historischen Lachnummer. Versehentlich verhunzte Einstellungen durch den Brei aus vertikal und horizontal, den der Xbox 360 Controller laufend erzeugt, dürften damit der Vergangenheit angehören. Lediglich für diagonale Eingaben erscheint es mir immer noch nicht ideal zu sein. Insgesamt übertrifft einfach nichts die Steuerkreuze des Super Nintendo Controllers oder DualShocks.

Neben dem Share-Button, auf den ich später zurückkommen werde, gibt es eine zweite neue Funktion, die ich allerdings aus gutem Grund nicht schon in der Einleitung hervorhob. Die sogenannten Impulse Trigger wurden bereits für die Xbox One eingeführt und beschreiben zusätzliche Vibrationsmotoren in den Triggern. Diese können unabhängig von den traditionellen Motoren aktiviert werden und sind nur im aufliegenden Finger zu spüren. Der Effekt ist zwar nett, aber es reicht nicht ansatzweise an die Illusion und Vielfältigkeit der akustischen Lösungen heran, die eine halbe respektive ganze Generation später in Nintendos Switch Controllern und dem DualSense zum Einsatz kamen.
Nun zu dem zuvor erwähnten guten Grund, dieser Technik keinen prominenteren Platz im Artikel zu geben. Ich besitze keine Xbox One oder Series X|S. Meine Erfahrung beschränkt sich ganz bewusst auf die Nutzung am PC. Und dort steht es schlecht um die Unterstützung. Steep und Assassin's Creed Odyssey sollen davon Gebrauch machen, dies kann ich jedoch nach kurzem Ausprobieren nicht bestätigen. In der Steam-Version der Halo MCC ist es ebenfalls nicht anzutreffen. Laut einiger Forenbeiträge wurde es kurz vor der Veröffentlichung im November 2019 gänzlich aus der PC-Fassung entfernt, nachdem während der geschlossenen Testphase von Reach noch ein separater Schalter in den Optionen existiert haben soll.
Die meines Wissens nach einzigen Titel in meiner Sammlung, die Impulse Trigger tatsächlich unterstützen, sind somit Forza Horizon 3 und 4. Dort vibrieren die Trigger immer dann, wenn die Reifen durchdrehen oder stillstehen, was eine willkommene, wenn auch glanzlose Rückmeldung zur Dosierung der Beschleunigung oder Bremskraft ist. Ich nehme an, dass Forza Motorsport 7 das gleiche tut. Für dessen authentischeres Fahrmodell bleibt ein Force Feedback Lenkrad aber unumstritten die bessere Wahl.
Die klassische Vibration des gesamten Controllers ist in etwa so weich und ruhig wie beim DualSense. Bekannte Negativbeispiele als Kontrast dazu sind besonders der GameCube und Xbox 360 Controller, die ich immer als recht laut, klapprig und teilweise unangenehm stark empfand.

Als reine Buttons sind die Trigger hingegen ausgezeichnet. Der volle Anschlag ist angenehm gedämpft, sodass kaum ein typisch plastikartiges Klackern zu hören ist. Dennoch spürt man gut – auch dank des gleichmäßigen Widerstands, ähnlich zum Xbox 360 Controller – wie viel Weg ein Trigger bereits zurückgelegt hat. Warum solche Details extrem wichtig sind zeigt der DualShock 3, bei dem die Feder zu stark ist und der Widerstand gegen Ende so massiv ansteigt, dass der Finger schnell unbemerkt nachlässt. Während die Trigger des Xbox 360 Controllers ziemlich schmal sind und sich fast kantig anfühlen können, sind die des Series X|S Controllers eher so breit wie beim DualShock 4 und DualSense, was den Druck entlastend auf mehr Fingerfläche verteilt.

Analogsticks sind ein durchaus kontroverses Thema. Das heutige de facto Standard Gamepad hat seit ihrer Einführung Mitte der 90er Jahre so einige Ideen für Platzierung, Form und anfänglich sogar Anzahl durchlaufen. Auch mit dem Series X|S Controller verfolgt Microsoft die asymmetrische Anordnung, d.h. der linke Stick ist im oberen Segment, während sich der rechte im unteren befindet. Persönlich bevorzuge ich Sonys Symmetrie beider Sticks im unteren Bereich, aber letztendlich sehe ich keinen funktionalen Unterschied. Wie bereits bei der Xbox 360 sind die Kappen der Sticks konkav, sodass die Daumen einen besseren Halt finden. Negativ fällt hingegen auf, dass selbst mir, einer Person mit Händen zu klein für 6" Telefone, der Durchmesser der Oberflächen als etwas zu gering erscheint, während gleichzeitig – oder vielleicht genau deswegen – die Wölbung beinahe schon zu tief ausfällt.
Die verwendete Gummierung ist weicher und wirkt deutlich sauberer verarbeitet, jedoch wurde auf die vier winzigen Anhebungen verzichtet, die das Gespür für die Richtung am Xbox 360 Controller geringfügig unterstützen. In einem runden Gate, d.h. der Fassung, die physisch den Bewegungsraum eines Sticks eingrenzt, ist es sowieso nur eine vergebene Schadensbegrenzung. Die meisten Spiele kompensieren dies zwar auf geschickte Weise, aber ich vermisse die achteckigen Gates vom Nintendo 64 und vor allem GameCube schmerzlich in modernen Controllern. Insgesamt sind es solide Analogsticks, die sich geschmeidiger als noch im Xbox 360 Controller bewegen lassen, weshalb mir feinere Justierungen damit ähnlich einfach fallen wie beispielsweise beim DualSense. Sie sind komplett im blau der Gehäuseoberseite dieses Modells eingefärbt, was gegenüber dem ewigen grau bis dunkelgrau der Konkurrenz und Vorgänger ein netter Farbtupfer im Erscheinungsbild ist.

An den Face Buttons – A, B, X, Y – gibt es nichts auszusetzen, außer der Tatsache, dass niemand die analogen Buttons des DualShock 2 und 3 wiederbelebt. Ihre kuppelartige Form erleichtert das angewinkelte Drücken und die Tasten versenken sich stets gerade, auch wenn lediglich der äußerste Rand gedrückt wird. Vor allem billigere Controller diverser Zubehörhersteller haben häufiger Probleme damit. Schade ist es weiterhin, dass alle vier Tasten der blauen und auch roten Variante dieses Controllers eine einheitlich blaue bzw. rote Beschriftung haben und die klassische Farbkennung bloß in ihrer Mitte aufgedruckt ist. Bunte Buchstaben wie bei den Ausführungen in schwarz und weiß oder der komplette Verzicht auf die Farbkleckse gäbe einen aufgeräumteren Eindruck ab.
Die Bumper verdienen nach einigen unerwarteten Enttäuschungen anderswo ein gesondertes Lob. Sie reagieren über die volle Länge zuverlässig und haben weiterhin einen kernigen Druckpunkt, der einfach funktioniert. Viele sind bestimmt schon einer Leertaste begegnet, die nicht an jeder Stelle identisch viel Kraft zum Auslösen benötigt oder überhaupt einen Druck registriert. Unter diesem Phänomen leiden die Bumper des Switch Pro Controllers. Auch die des DualShock 4 sind denen der Xbox Controller leicht unterlegen, da sie im Alter klemmen oder Eingaben fälschlicherweise duplizieren können. Ein makelloses oder subjektiv perfektes Gerät existiert natürlich nicht, von wesentlich verbreiteteren Problemen wie Stick-Drift blieb ich allerdings bisher verschont.
Was einst als Start und Back bekannt war, existiert immer noch zentral gelegen unter den Bezeichnungen Menu und View, dargestellt als drei horizontale Linien und zwei sich überlappende Rechtecke. Ihre Form wandelte sich in eine kreisrunde und auch die eingestanzten Symbole wurden durch Aufdrucke ersetzt, womit sie sich ebenfalls bestens in das bezeichnend "flach" genannte Design dieser Ära integrieren. Zudem ist es nun angenehmer sie zu drücken, auch wenn sie für mich zu weit in der Mitte liegen und somit ein winziges bisschen schwerer erreichbar sind. Hier bleiben DualShock 4 und DualSense meine klaren Favoriten, da das Touchpad besonders am PC als riesiger Doppel-Button für Start und Back dienen kann.
Auch der Guide-Button, das Xbox Emblem am oberen Rand, wurde dem restlichen Stil angeglichen und ist nun buchstäblich ein flaches Design. Eine gedimmte, weiße LED durchleuchtet die Fläche, die das X umschließt, sobald der Controller angeschaltet ist. Da mir die Controller-Verwaltung seit der Xbox One unbekannt ist, weiß ich nicht wie – oder ob – die Spielernummer angezeigt würde. Es sieht nicht so aus, als ob nur Teile des Logos beleuchtet werden können, um die vier Segmente des ikonischen Lichtrings der Xbox 360 zu emulieren.
Neu hinzugekommen ist wie anfangs hervorgehoben der Share-Button, welcher unterhalb von Menu und View sitzt. Dessen längliche Form erinnert an eine weiter hervorstehende Version von Start und Back auf dem Xbox 360 Controller. Leider hat er meines Wissens nach keinerlei Verwendung unter Windows 10. Somit wurde die tragisch naheliegende Chance vertan Screenshots durch einen Druck direkt in eine Datei abspeichern zu lassen, was nicht nur Programme wie Steam und Uplay seit Jahren bieten, sondern auch ab Windows 8 als systemweite Tastenkombination Win + PrtScr existiert.

Ich bin kein großer Freund der heute verfügbaren kabellosen Lösungen, da ihr einziger Vorteil darin besteht, kein Kabel zu sein. Darunter leiden immer Latenz und Zuverlässigkeit, weshalb ich stets Kabellängen einplane wenn es um die Platzierung von Möbel und Geräten geht. Die Bequemlichkeit eines kabellosen Controllers kann ich durchaus schätzen, und es gibt genügend Wohnsituationen, in denen es einfach nicht praktikabel oder gar unmöglich ist ein Kabel statt beispielsweise WLAN zu verwenden. Ich habe bloß zu viele schlechte Erfahrungen mit der jeweiligen kabellosen Option gesammelt.
So auch mit diesem Controller via Bluetooth. Anfangs schien es wunderbar zu funktionieren. Per Kabel die Firmware aktualisiert, dann ein Paar der renommierten Eneloop Akkus eingelegt und das Pairing abgeschlossen. In Forza Horizon war kein Problem zu erkennen, doch nach einer kurzen Pause, in der sich der Controller wie erwartet abschaltete, wurde er plötzlich unbenutzbar. Halo hatte keine Vibrationseffekte. Oder doch? Einige wenige wurden nachgereicht, während das Spiel längst pausiert war. Hinzu kam eine endlose Routine, in der die Verbindung durch den Controller etwa alle 5 Sekunden selbstständig getrennt und wiederhergestellt wurde. Außerdem meldete die Game Bar durchweg kritischen Ladestand, obwohl dieser in der Übersicht der verbundenen Bluetooth-Geräte zu dem Zeitpunkt korrekt mit über 80% angezeigt wurde. Ich kann daher nur dazu raten, sich für die Nutzung am PC mit dem Kabel anzufreunden. Das hat wiederum den Vorteil, dass gar keine Batterien eingelegt sein müssen. Über das USB-Kabel erhält das Gerät genug Strom für alle Funktionen. Ein Kabel wird wie üblich leider nicht mitgeliefert, zwei für mich spätestens nach dieser Ernüchterung nutzlosen AA-Batterien jedoch schon.

Als ein Nachfolger des Xbox 360 Controllers sehe ich ausschließlich Verbesserungen. Selbst kleinere Kritikpunkte wie die Größe der Analogsticks können die positiven Aspekte nicht überschatten. Er ist günstiger als ein DualSense oder Switch Pro Controller, aber vielleicht noch nicht günstig genug angesichts der vergleichsweise rudimentären Funktionalität. Microsoft hat mit XInput meiner Meinung nach einen großen Fehler begangen, der viele PC-Spiele für mindestens noch eine weitere Konsolengeneration auf die Möglichkeiten des Xbox 360 Controllers einschränken wird. Was geboten wird ist immer noch gut. Und dieser Controller mag die bisher ultimative Umsetzung einer über 15 Jahre alten Blaupause sein. Nintendo und Sony haben sich in der Zwischenzeit aber getraut ihre neu zu zeichnen, damit etwas bisher unbekanntes, flexibleres entstehen konnte. Wer einen günstigen DualShock 4 findet und die Energie hat sich mit der Steam Input Gamepad Emulation und DS4Windows auseinanderzusetzen, oder Linux zum Spielen verwendet, bekommt damit ein besseres Gesamtpaket. Als reines Windows bzw. XInput Gamepad ist der Xbox Series X|S Controller aber eine exzellente Option.